1. Tag 09.09.2017 Chemnitz - Ingolstadt 370km
In die Sahara sollte meine Reise also nun gehen! Das waren meine ersten Gedanken als ich aufwachte und meine Augen langsam aufgingen. Aufbruchstimmung? Die hatte ich gerade irgendwie überhaupt nicht. Ehrlich gesagt wollte ich erst einmal ein paar Tage auf einer Wiese liegen und meine Eindrücke aus China verarbeiten, wo ich vor 10 Tagen war. Unter der Dusche dachte ich über meine geplante Tour nach. Welche Menschen werde ich wohl treffen und ob ich gesund zurückkomme? Fragen die ich erst beantworten kann, wenn ich wieder hier bin.
7 Uhr. Es ist Samstag und ich stehe mit einem komischen Gefühl am Karl-Marx-Monument. Jetzt geht meine Reise wirklich los! Ich schalte meine Lieblingsmusik ein und fahre in Richtung Süden. So langsam komme ich nun in Stimmung für das Abenteuer, für das Ungewisse. Ich freue mich auf alles was passieren soll und kann nicht glauben, was ich tatsächlich vorhabe. Alleine knatter ich durch die ländliche Stille. Kurz vor Zwickau kommt mir im morgendlichen Nebel eine kleine Gruppe Simsonfahrer entgegen. Wir grüßten uns und ich frage mich: "Was dachten die sich jetzt wohl, als sie mein vollgepacktes Moped gesehen haben...?"
"Freistaat Sachsen" - Nun stand ich vor dem Schild. Es bedeutete, dass ich jetzt meine Heimat verlasse und erst im Oktober wieder an dieser Stelle stehen würde, mit neuen Erinnerungen im Gepäck. Ich sagte mir beim Fahren immer wieder "Afrika, du willst nach Afrika!" Das war alles so verrückt, dass ich es noch nicht begreifen konnte. Mein Tagesziel war Ingolstadt. Dort wollte ich bei meinem Bruder übernachten und bei der Geburtstagsfeier seiner Freundin dabei sein. Es hatte ab der Grenze zu Bayern nur noch geregnet. Ich war schon komplett durchgefroren und kämpfte mich mühsam die Straßen entlang. Ich kam mit zwei Stunden Verspätung endlich an. Wir feierten in einem Wirtshaus und um Mitternacht fiel ich nach 370km nur noch ins Bett und schlief sofort ein. Das sollte die längste Tagestour meiner Reise gewesen sein.
2. Tag 10.09.2017 Ingolstadt - Tübingen 261km
Weißwurst mit Brezeln - Es ist gerade mal 6 Uhr und ich bin vollgestopft mit Essen. Mein Tagesziel war Tübingen, ich war sehr gespannt. Es regnete als ich zum Abschied meinem Bruder winkte und in die Dunkelheit davon fuhr. Kurz vor Ulm begann der Regen langsam zu verschwinden, zum Mittag stand ich am Ulmer Münster und die Wolkendecke brach endlich auf. Ich fuhr nach einer kleinen Stärkung weiter in Richtung Tübingen. Dort wollte ich mich mit einem Kollegen treffen, der zufälligerweise in der Nähe war. Wir verabredeten uns auf dem Marktplatz. Die Innenstadt von Tübingen überraschte mich: es war eine wunderschöne Altstadt mit Fachwerkhäusern, dass hätte ich nie erwartet. Tobi, mein Kollege wartete bereits auf mich, als ich ankam. Wir schlenderten zusammen durch die Gassen, das Moped stets an meiner Seite. Ich wollte aus zwei Gründen nach Tübingen: zum einen um mir die Stadt anzusehen. Zum anderen gibt es dort ein Reisebüro namens Overcross, welches mich 2017 als Azubi anwerben wollte. Verschiedene Gründe brachten mich dazu, das Angebot nicht anzunehmen, doch ich hatte mir fest vorgenommen das Büro mal von außen zu fotografieren. Als ich dann tatsächlich vor dem Büro stand und mich fotografieren ließ, fuhr ein Radfahrer vorbei und schaute mich erschrocken an. Es war Joe, der Chef von Overcross, welcher zufälligerweise in diesem Moment vorbeikam. Wir unterhielten uns und er bot mir an, mein Moped in die Garage vom Fuhrpark zu stellen. Am Abend übernachtete ich dann bei Lukas, den ich über die Platform Couchsurfing kennengelernt hatte. Dort kann man seine Wohnung als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit anbieten. Das ist vorteilhaft für Reisende und man lernt viele interessante Menschen kennen. Am Abend zeigte Lukas mir die Stadt und wir aßen Pizza auf einer Mauer mit Stadtblick.
3. Tag 11.09.2017 Tübingen - Bern 317km
An meinem dritten Tag konnte ich bis 8 Uhr ausschlafen, was auf so einer Reise ziemlicher Luxus ist. Als erstes ging ich zum Büro von Overcross und holte mein Moped ab. Joe gab mir für die Tour einen GPS-Sender mit, dass mir im Falle eines Notfalls in der Wüste geholfen werden kann. Als Gegenleistung brachten wir an meinem Benzinkanister vom Reisebüro Werbung an. Gegen 9.30 Uhr fuhr ich in Richtung Schweiz, unterwegs machte ich eine Rast mit Blick zur Burg Hohenzollern. Dort kam ich mit einem älteren Mann in Gespräch der mir erzählte, dass er jeden Morgen zum Kaffee trinken her kam. Nach ein bisschen Smalltalk fuhr ich weiter. Ich war auch ein bisschen aufgeregt, als ich die Grenze zur Schweiz betrat, denn ein Grenzübergang ist für mich mit Grenzkontrollen eine Stresssituation. Man weiß nie ob einen die Beamten mit dem Versicherungskennzeichen durchlassen. Aber wie so oft hatte ich Glück, wurde direkt durchgewunken und konnte meine Fahrt fortsetzen. Direkt im Grenzbereich auf der Brücke fing es stark an zu regnen und ich musste warten, weil ich in der Autoschlange stand. Das gleiche passierte mir auch damals als ich nach Russland 2016 mit dem Moped einreisen wollte. Diesmal spielte die Dunkelheit gegen mich. Das war auch ein stetiges Problem auf der Reise, der zeitige Sonnenuntergang. Ich weiß nicht warum, aber ich verwechselte mehrmals die Beschilderung Basel mit Bern und fuhr im zickzack einmal nach Basel und dann wieder nach Bern und so weiter... Bei Dunkelheit erreichte ich Bern, doch ich konnte mir die Stadt leider kaum anschauen. Ich fuhr zur meiner Gastgeberin Laura, die ich auch via Couchsurfing kennengelernt habe. Wir hatten alle einen netten Abend in ihrer WG und führten interessante Gespräche über unsere Reisen.
4. Tag 12.09.2017 Bern - Lyon 261km
Bei Nieselregen sollte es heute nach Lyon gehen. In Bezug auf Frankreich hatte ich eher gemischte Gefühle. Ich habe oft die Erfahrung gemacht dass viele Leute unfreundlich reagiert haben, weil
ich ihre Sprache nicht spreche. Auch mit Englisch kam man meistens nicht weit. Ich fuhr nun also am Genfer See entlang in Richtung der französischen Grenze. Endlich kam auch die Sonne raus! Was
mich am meisten überraschte: auch in der Schweiz wird Französisch gesprochen. In Frankreich quälte ich mich durch die hohen Berge, aber ich wurde mit fantastischen Ausblicken immer wieder
belohnt. Unterwegs machte ich Rast an einem wunderschönen blauen See. Dort sprach mich ein Mann an, welcher mit seiner Frau unterwegs war. Die beiden waren Araber und wir führten einige
interessante Gepräche. Er schenkte mir eine kleine Flasche Duftöl, welches ich dankend annahm in meine Jackentasche steckte. Später musste ich feststellen, dass das Fläschchen nicht dicht war und
meine Tasche innerhalb kurzer Zeit in Öl getränkt war. So kam es dass ich den Rest der Reise von einem orientalischen Duft begleitet wurde.
In Lyon erkundete ich am Abend die schöne Stadt. Ich saß in einem kleinen Biergarten am Fluss mit tollen Ausblick. Ich hatte meinen kleinen Rucksack dabei und wollte mein Reisetagebuch
herausholen um meine frisch gewonnenen Eindrücke nieder zuschreiben. Beim raus ziehen des Buches spürte ich eine Masse von breiiger Konsistenz an meinen Fingern. Es waren zermatschte Weißwürste
aus Ingolstadt, welche ich komplett vergessen hatte. Ich schrieb also bei Bier und Sonnenuntergang noch ein paar Zeilen und ging zu später Stunde schlafen.
5. Tag 13.09.2017 Lyon - Montepellier 330km
Ich stand auf und schaute aus dem Fenster, wo mich strahlend blauer Himmel und Sonneschein erwarteten. "Endlich" dachte ich, denn die letzten Morgen waren eher grau. Ich packte mein Moped und
trat den Kickstarter, als ich plötzlich auf meinem Visier ein paar Regentropfen bemerkte. Ich fluchte wie verrückt und zog meine Regenkleidung an. Angesäuert trat ich wieder den Kickstarter und
in diesem Moment hörte der Regen wieder auf. Das war schlichtweg Mobbing!
Nun ging es nur noch Richtung Süden. Mein Tagesziel war das Mittelmeer, über meinen Schlafplatz hatte ich mir allerdings noch keine Gedanken gemacht. Nach der Hälfte der Strecke umgab mich dann
diese "südliche" Atmosphäre, wie man es eben aus dem Mittelmeerraum kennt. Aus Weinbergen wurden Olivenbäume, die Menschen wurden freundlicher und ich konnte mich immer öfter auf Englisch
verständigen. Der Süden von Frankreich fing mir an zu gefallen. Die Zeit spielte heute wieder gegen mich, die Sonne begann schon früh unterzugehen. Ich erreichte bei Montepellier das Mittelmeer
nach fünf Tagen. Ich war richtig stolz und meine Laune stieg ins Unermessliche. Auf dem Zeltplatz war die Rezeption schon geschlossen, dennochich schlug mein Zelt trotzdem auf. Am nächsten Morgen
wollte ich das Bezahlen dann natürlich nachholen. Abends setzte ich mich dann mit Musik und Bier an den Strand, wo ich bis tief in die Nacht blieb. Diese Prozedur wurde eine Art kleines Ritual in
den nächsten Nächten. Rückblickend hat mir das nahezu am besten gefallen: dem Rauschen des Meeres zu lauschen und den Sonnenuntergang allein zu genießen. In tiefster Nacht verkroch ich mich dann
in mein Zelt und schlief ein. Zum frühen Morgen machte ich eine tolle Entdeckung, als ... FORTSETZUNG FOLGT
6. Tag 14.09.2017 Montepellier - Llana 330km
Ich kroch aus dem Zelt heraus und mich begrüßte mein Zeltnachbar mit einer frischen Tasse Kaffee. So baute ich mein Zelt zusammen und startete in Richtung Spanien. Die Meeresluft lag mir jetzt die nächsten Tage stetig in der Nase. Der frühe morgen war noch etwas neblig, was sich aber schnell legte. So fuhr ich an einem großen See vorbei und ich wollte nicht so recht glauben was ich da sah. Es waren Flamingos! Nicht eins, nicht zwei, sondern hunderte die im Wasser entspannt herumstanden. Ich knippste ein paar Fotos und fuhr weiter. Die Wegsuche war heute ein wenig anstrengend, da die Beschilderung sehr mangelhaft war. Meine Pause machte ich direkt am Meer und in weiter Ferne sah ich schon die Pyrenäen. Ich überlegte ob ich heute noch durch das Gebirge fahren möchte oder erst morgen. Im Wetterbericht stand, dass es morgen regnen sollte und bei nasser Straße wollte ich keine steilen Kurven fahren. Gegen 14 Uhr sagte ich mir "Alex, du bezwingst noch heute den Pyrenäen-Pass!". Meine Fingerspitzen kribbelten etwas vor Aufregung, da die Straße auf der Landkarte schon sehr Kurvenreich aussah. Ich fuhr manchmal im ersten oder im zweiten Gang den Pass herauf. Der Seitenwind vom Meer wurde immer stärker und drückte mich immer zur Seite weg. Auf einer Aussichtsplattform machte ich eine Fotopause. Plötzlich gab es hinter mir einen Knall und es war mein Moped. Der Bremshebel ist abgebrochen und mein Helm lag unter der Simson, der ebenfalls beschädigt wurde. Ich fluchte so laut und war sauer auf mich selbst, da ich es geahnt hatte, dass der Wind zu stark war. Ich fuhr weiter und bemerkte, dass der Lenker ein wenig schief war. Hätte, Wäre, Wenn... waren danach meine Gedanken. Nach einiger Zeit war ich nur noch froh, dass nicht die komplette Simson den Abhang runter gefallen ist. Dann kam die Abfahrt und das Highlight des Tages. Eine Stunde ging es nun Berg ab und man konnte sich gut in die Kurven legen. Manchmal berührte ich mit meinen Taschen den Asphalt und musste langsamer machen. Der Himmel wurde plötzlich dunkel und suchte mir auf die schnelle einen Campingplatz. Die Rezeption war wieder geschlossen. Dabei fiel mir ein, dass ich heute morgen vergessen habe zu zahlen. Ich habe rechzeitig mein Zelt noch aufgebaut bevor der Regen begann.
Bevor ich schlafen gegangen bin sagte ich noch zum Moped "Willkommen in Spanien".
7. Tag 15.09.2017 Lluna - Barcelona 185km
Der Regen hörte kurz auf und ich nutzte die Chance mein Zelt abzubauen. Als ich meine Regenkombi an hatte, fiel mir ein "Du musst noch bezahlen", aber mein Geldbeutel war tief in der Jacke verstaut. "I dont care" und ich fuhr los. Ich hatte keine Lust nochmal alles auszuziehen. Bis Barcelona war der Himmel komplett schwarz und es hatte nur geregnet. Kurz vor Barcelona riss plötzlich die Wolkendecke auf und die Sonne kam durch. Ich stand am Stadtrand in einem Stau und plötzlich kamen von links ein paar Rufe auf Deutsch "Hey! Wo willst du denn mit deiner Simson hin?" Wir redeten kurz über meine Pläne. 14:30 Uhr erreichte ich mein Tagesziel. Die Sagrada Familia. Nach ein paar Fotos fuhr ich zum Hostel und checkte ein. Danach erkundete ich die Stadt. Gegen 22 Uhr trank ich im Hostel noch ein Bier und ging dann schlafen.
8. Tag 16.09.2017 Barcelona - Vinaros 344km
Die nächsten 2 Stunden bin ich nur noch mit dem Smartphone und GoogleMaps gefahren. Ich hatte keine Nerven mehr aus der Stadt herauszukommen. Irgendwann stand ich vorm Terminal am Flughafen. Fragt mich nicht wie ich es geschafft habe dort hinzukommen. Ich weiß es selbst nicht. Ab heute brauchte ich für die komplette Reise keine Regenkleidung mehr. Hätte ich das damals schon gewusst, dann wäre meine Freude grenzenlos gewesen. So fuhr ich nun entspannt am Meer entlang in Richtung Süden. Am Abend erreichte ich einen Campingplatz, der driekt am Mittelmeer war. Diesmal zahlte ich meine 10€ und kam mit meinen Campingnachbarn ins Gespräch. Bruno und Bettina luden mich direkt zum Abendessen ein. Wir unterhielten uns entspannt und nachher war ich noch im Meer baden. Ich hörte Musik und war in Gedanken verfallen. Beim Blick auf das Meer dachte ich über die derzeitige Situation am anderen Ende nach. Wie viele Menschen sind wohl gerade auf dem Massengrab unterwegs und erhoffen sich eine bessere Zukunft in Frieden? Heute Abend war ein stürmisches Wetter und stellte mir vor wie jetzt Leute mit einem Boot über diese Wellen fahren. Bei diesem Gedanken wird mir schlecht. Leicht betrübt legte ich mich in mein Zelt und schrieb meine Gedanken in mein Reisetagebuch. Als ich die Augen schloss, da hörte ich nur noch das Rauschen des Meeres und schlief ein.
9. Tag 17.09.2017 Vinaros - Los Narejos 345km
Der Tag begann diesmal etwas später, weil ich meinen Wecker überhört habe. Auf den Straßen waren heute sehr viele Rennradfahrer unterwegs. Lustig war, dass die Teilweise so schnell wie ich waren und ein Überholvorgang ewig gedauert hatte. Erst lachten sie immer als ich zum Überholen sehr lange brauchte und dann sah ich immer im Rückspiegel die verzogenen Gesichter wegen dem 2-Takt Geruch. Als ich am Abend am Meer saß, fiel mir ein, dass ich nur noch zwei harte Brötchen aus Barcelona und zwei Dosenbier besitze. Ich hatte vergessen einzukaufen. Das war mein Abendbrot für heute. Gegen 22 Uhr bemerkte ich die vielen Mücken um mich herum und ich wollte schnell zum Zelt. Doch das Tor zum Campingplatz war verschlossen. Ich hatte zwei Optionen. Die erste war: ich trete das Tor ein und die zweite, ich kletter drüber. Ich habe mich für das Klettern entschieden. Problem war aber, dass oben am 2m Tor ein wenig Draht gespannt wurde und alles dunkel war. Es gab kein zurück mehr als ich diesen Zustand bemerkte. Ich sprang von ganz oben über den Draht auf den Boden. Ich landete sehr bescheiden und nun kam auch noch ein Hund bellend angerannt. Aus Panik habe ich den ein altes Stück Brot hingeschmissen und er nahm es dankend an und rannte wieder fort. Glück gehabt, aber der Campingplatzbesitzer sollte sich lieber einen anderen Wachhund zulegen.
10. Tag 18.09.2017 Los Narejos - Almeria 322km
Die Straßenbeschilderung für Landstraßen sind nicht gut durchdacht. Leider verfahre ich mich öfters einmal oder stehe mitten an einer Kreuzung fragend da. Unterwegs in einer Stadt sprach mich jemand begeistert an und wollte das ich ihn am Abend gesellschaft leiste. Es war aber gerade einmal 14 Uhr und versuchte ihm zu erklären, dass ich heute noch mindestens 50km fahren muss. Da ich einen engen Zeitplan habe. Er meinte nur: "Heute oder morgen, es ist doch egal. Ein moment". Er lief in ein Cafe hinein und ich nutzte die Chance um abzuhauen. Ich war nicht gerade sehr Stolz auf diese Aktion, aber mein nein wollte er ja nicht verstehen. Die Zeltplatzsuche war an diesem Abend auch etwas abenteuerlich. Ich fuhr seit 15min durch eine "Stadt" aus Gewächshäusern, wo Gurken angebaut wurden. Es war eine riesen Plantage. Ohne Navi hätte ich dort nicht mehr herausgefunden. Irgendwann mitten in der Plantage kam ein Schild "Campingplatz Las Vegas". Ich zahlte 13€ und schlug mein Zelt auf. Am Abend machte ich es mir wieder gemütlich am Meer und genoss den Sonnenuntergang. Da habe ich noch nicht gehant, dass mich morgen früh das Spanische Sondereinsatzkommando anhalten würde.
11. Tag 19.09.2017 Almeria - Santa Margarita 330km
Ich fuhr die Plantagen entlang und plötzlich war vor mir eine Straßensperre. Maschiengewehre auf Anschlag und mir wurde deutlich gemacht "STOP!" Eine Polizistin kam auf mich zu und wollte meinen Personalausweis. Nach einer gründlichen Kontrolle winkte sie mit der Hand und die Maschinenpistolen senkten sich. Sie wollte wissen wo ich hin möchte und daruf antwortete ich mit "Sahara". Sie lachte, die Kollegen lachten und ich habe mitgelacht. Plötzlich waren alle ganz begeistert und machten Fotos mit mir. Sie sagten mir nur es sei hier gefährlich durch die ganzen Migranten die hier umherlaufen. Mir fielen zwar die vielen farbigen auf, aber eigentlich grüßten die mich immer freundlich. Nach was bzw. wem sie suchten sagten sie mir nicht. Nach dieser komischen Situation fuhr ich verwirrt weiter. Dieser Tag war wieder einmal voller Berge. Ich hätte die Südküste nie so bergig eingeschätzt. Hin und wieder bin ich ein Stück auf der Autobahn gefahren, weil es manchmal nicht anders ging. Auf einmal tauchte er auf, der Felsen von Gibraltar. Ich war so glücklich und auch ein wenig Stolz auf meine bisherige Leistung. Ich fuhr zum Zeltplatz, baute schnell mein Zelt auf und ging zum Strand. Dann sah ich es schon im Hintergrund schimmern. Afrika. Es war ein Moment der Stille, der Zufriedenheit und auch Angespanntheit. Die ganzen Strapazen bis hier her und nun ist es morgen soweit. Ich war komplett in mich gekehrt. Ich wollte es noch nicht ganz begreifen. Es war alles so unwahr.
"Was wird mich dort auf der anderen Seite erwarten? Werden die Menschen freundlich sein? Komme ich gesund und mit Moped wieder zurück?" Im Zelt checkte ich meine Seite auf Facebook und hatte eine Nachricht von einem Sebastian. Er fragte mich, ob ich vor 10 Tagen kurz vor Zwickau eine Gruppe Simsonfahrer gesehen hätte im frühen Morgen. Ich antwortete mit "Ja". Er schrieb mir, dass die meine Reise seit Beginn verfolgen und mich auf ihrer Seite auf Facebook unterstützen. Sie nennen sich Simson Brüder Zwickau. Ich freute mich sehr darüber, dass es Leute gibt die sich für meine Reisen interessieren. Von nun an hatte ich wieder jemand mit den ich öfters auf dieser Reise schrieb.
So schlief ich gegen Mitternacht ein. Hätte ich da nur schon geahnt, dass ich morgen von Verbrechern ausgenommen werde.
12. Tag 19.09.2017 Santa Margarita - Tanger (Marokko) 120km
Sofort war ich wach. Mein Zelt packte ich bei Dunkelheit zusammen und fuhr aufgeregt in der Morgendämmerung los. Es ging direkt auf die Autobahn, denn mein Ziel war der Hafen in Algeciras.
Ich fuhr auf das Hafengelände und es kam mir ein BMW-Fahrer entgegen, der anscheinend aus Marokko kommt. Wir grüßten uns per Handgruß und ich fuhr weiter.
Aus meinem Reisetagebuch.
"HEY! Ich hörte rufe von der linken Seite. Es winkten wie verrückt 3 Männer im Hafengebiet und deuteten mir an, dass ich anhalten und zu ihnen kommen soll. Ich wusste sofort: die wollten nichts gutes. Ich fuhr weiter und krallte mich an den Lenker. Ich war Angespannt. Wo war der Ticket verkauf für die Fähre? Ich sah nichts und fragte eine Frau am Parkhaus mit Warnweste . Sie konnte kein Englisch und im Hintergrund schrie einer wie verrückt, er würde Tickets verkaufen. Doch ich wusste sofort: Er arbeitet nicht hier. Die Frau im Parkhaus zeigte auf ihn und meinte nur "Tickets". Ich bekam langsam Angst und war auf mich alleine gestellt. "Bleib Ruhig, Alex" redete ich mir immer ein. Der Mann kam auf mich zu und meinte ich soll mitkommen, wenn ich Tickets brauche. Am Rand standen noch weitere Nicht-europäische Männer und beobachteten mich. Ich nahm alle Wertsachen aus den Taschen und ging mit dem Mann mit. Ich wusste: Ich bin in einer Falle und komme hier nicht mehr raus. Mein Herz schlug wild und musste mich beruhigen. Meine einzige Möglichkeit hier ohne großen Verlust rauszukommen war, dass ich einen kühlen Kopf bewahre. "Luisa, bleibe hier, ich komme gleich wieder" flüsterte ich meiner Simson zu. <Somit war ich zumindest nicht alleine mit der Situation im Kopf>.
Wir hatten das Hafengelände verlassen. Ich war bereit mein Messer aus der Tasche zu holen und ihm in den Bauch zu rammen. Wir gingen in ein Geschäft für Tickets für Fähren nach Afrika. Ich beruhigte mich und mir war klar, dass ich jetzt eine überteuerte Fahrkarte kaufen muss. Es war mir alles egal, weil ich nur zurück zum Moped wollte. Solange der Simson nichts passiert, hätte ich auch zur Not 1000€ gezahlt. Insgesamt waren es 150€. Total überteuert, aber es interessierte mich nicht. Hauptsache hier weg war mein Gedanke. Ich ahnte, dass kann es noch nicht gewesen sein. Kurz bevor ich das Hafengelände betrat hielt mich der Typ an. Er möchte 30€ Provision. Nun kam zum ersten mal mein Notfallset zum Einsatz. Eine zweite Geldbörse mit nur 5€ und ein paar sinnlosen Plastikkarten drin. Er nahm mir alles ab und ich durfte verschwinden. Ich war eingeschüchtert und etwas Stolz auf meine Kreativität in der Vorbereitungszeit dieser Reise. Aus weiter ferne sah ich ein paar Menschen um meine Simson stehen. Ich rannte hin und war bereit zum Kampf. Als die mich sahen gingen die ein paar Schritte zurück und ein Sicherheitsmann lief zu mir und fragte mich nach 1€. Ich sagte nein und er meinte nur "ich kann für deine Sicherheit nicht mehr garantieren. Hier sind viele Verbrecher." Er ging deswegen weg. Daraufhin machte ich die Simson so schnell wie möglich startklar und fuhr zur Passkontrolle.
Auf dem Schiff klopfte mein Herz ins unermessliche. Ich verstand noch nicht so recht was hier gerade passiert ist.
Ein Polizeiauto fuhr an das Schiff heran und setzte einen jungen Mann ab. Er musste auf das Schiff gehen, es sah nach einer Abschiebung aus.
Das Schiff setzte ab und ich schaute nur in Richtung Europa. Ich bekam Angst vor Marokko und wollte zurück. Was sage ich den anderen, wenn ich schon am selben Tag zurück fahre? Mich werden alle als Feigling abstempeln! Nein! Dann sollen die es mir nachmachen. Sollte ich zurück fahren, dann hatte das seinen Grund. Was andere darüber denken ist mir egal.
So schaute ich in Richtung Afrika. Das Festland kam immer näher. Neben mir stellte sich ein Mann hin, es war der, der Abgeschoben wurde. Wir schauten uns für einen kurzen Moment in die Augen und wussten beide: Wir haben gerade gemeinsam ein wenig Angst was uns erwarten wird.
Noch 20 Minuten bevor das Schiff anlegte, dachte ich mir: "Wenn du jetzt deiner Angst nachgibst, dann verzeihe ich mir das niemals! Ich mache gerade ein Abenteuer von denen viele Träumen und wahrscheinlich die meisten nicht den Mut dafür aufbringen würden. Du bist nicht so einer!"
Das Schiff öffnete sich und mir kam eine Front aus heißer Luft entgegen. Ich trat den Kickstarter, hielt meinen Lenker fest in der Hand und fuhr als erster von der Rampe runter.
-Herzlich willkommen auf dem Afrikanischen Kontinent.-
Die Zollabfertigung lief problemlos ab. Ich war nun mit der Simson in Marokko!
Die Angst war erstmal für einen Moment weg. Am Wegesrand, noch am Hafen riefen wieder solche Männer, dass ich anhalten soll. Ich fuhr so schnell es ging vom Hafen weg. Die Panik war wieder da. Nun musste ich Tanken. Ich stieg ab und jemand hat mein Moped betankt. Mich schaute eine sehr alte Frau mit einem lächeln im Gesicht an. So ein faltiges Gesicht habe ich noch nie gesehen. Ich glaube, sie merkte meine Angst in den Augen und ich schaute schnell wieder weg. Mir war einfach nur unwohl und wollte am liebsten zurück nach Spanien/Europa. Am Straßenrand winkte mir ein Kind zu. "Selbst die Kinder wollen ein hier ausnehmen" und fuhr schneller. Ich hielt an einer Straßenecke an, um mein "Afrika-Foto" zu schießen. Kein Lachen ist mehr gestellt, als wie auf diesem Foto.
Nun erreichte ich Tanger. Bevor ich zum Zeltplatz fuhr machte ich Rast an einem Imbiss. Dort sprach mich ein alter Mann an und meinte, dass hier gleich ein Campingplatz wäre und das ich dort schlafen sollte. Mich überkam sofort das Gefühl einer Falle und meinte, ich würde heute noch bis nach Casablanca fahren. In Wirklichkeit wollte ich zum diesem Zeltplatz. Irgendwann merkte der Mann, er würde mich stören und ging weg. Ich aß ein belegtes Brot und schlug mein Zelt auf. Mein Zeltnachbar kam aus der Schweiz und hieß Michelle. Es war auch sein erster Tag hier in Marokko und er erkundete das Land mit dem Fahrrad. Wir redeten zwei Stunden zusammen und er wusste nicht, dass er mir gerade sehr viel Angst nahm. Ich glaube ohne ihm wäre ich morgen nach Hause gefahren.
Zur Abenddämmerung lief ich zum Meer und setzte mich auf eine Steinmauer. Über eine Stunde schrieb ich meine heutigen Erlebnisse in mein Tagebuch. Das schreiben nahm mir zusätzlich Angst und ich konnte mich zum ersten mal beruhigen. Ich sah am anderen Ende des Meeres die Küste von Spanien. Das gab mir irgendwie ein sicheres Gefühl. Ich merkte auch beim schreiben wie Idiotisch ich mich seit meiner Ankunft in Marokko verhalten habe. Bis jetzt war jeder Nett zu mir. Das Kind was mich "ausrauben" wollte, hat mir eigentlich nur zugewunken und wollte mich Grüßen. Durch das Erlebnis am Hafen hatte ich Wahnvorstellungen bekommen, die ich so noch nicht kannte. Aber es war gut dieses Erlebnis zu erfahren, da ich nun beim nächsten mal anders bzw. besser reagieren kann.
> dies war Rückblickend der Tag mit der meisten Bedeutung und an dem ich als erstes Denke von dieser Reise. Es war für mich ein Schultag.
Vertraue immer dem Bauchgefühl und egal was passiert, verliere niemals deinen kühlen Kopf. Wenn beides Fehlt, dann hat man in solchen Situationen verloren.
Fortsetzung folgt...