Von Jana Peters
erschienen am 01.11.2017
Eigentlich hatte Alexander Herrmann vor, mit seinem Moped nur den afrikanischen Kontinent zu betreten. "Aber dann dachte ich, wenn ich einmal da bin, kann ich auch bis zur Sahara fahren", sagt
der 20-Jährige. Immerhin laute die Farbbeschreibung seiner Simson S50 "Sahara braun".
Das gute Stück ist Baujahr 1977, wird in diesem Jahr also 40 Jahre alt. Herrmann bekam es 2013 von seinem Opa zu Weihnachten und gab ihm den Namen "Luisa". Seitdem zeigt Herrmann, was in diesem Moped steckt. Er fuhr mit "Luisa" nach London, im vergangenen Jahr umrundete er die Ostsee und machte noch einen Abstecher zum Nordkap. Am Ende waren es 9.000 Kilometer. Jetzt wollte er sich toppen - und ist bis zum Rand der Sahara gefahren. 10.000 Kilometer waren es.
Viel geplant habe er nicht, berichtet der Industriemechaniker, der im März seine Lehre abgeschlossen hat und jetzt als Monteur weltweit im Einsatz ist. Vor seiner Reise sei er dienstlich zwei Wochen in Schanghai gewesen. Zeit, seine Simson-Tour vorzubereiten, habe er da nicht gehabt. In seinen 40 Kilogramm Gepäck hatte er ein paar Schläuche dabei, etwas Werkzeug, Zündkerzen und einen Unterbrecher. Denn seine S50 habe eine Unterbrecherzündung. "Da schlagen die meisten Leute die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie das hören", sagt Herrmann. Eine elektrische Vape-Zündung sei weniger störungsanfällig. "Aber meine Zündung funktioniert einwandfrei", sagt der 20-Jährige.
Auf der 35-tägigen Tour fuhr Herrmann zunächst über die Schweiz und Frankreich nach Spanien. Meistens schlief er auf Zeltplätzen, in Jugendherbergen oder übernachtete bei Leuten, die ihre Couch auf einem Portal im Internet kostenlos fremden Reisenden zur Verfügung stellen. Von Gibraltar aus setzte er mit der Fähre nach Marokko über. Ursprüngliches Ziel sei Casablanca gewesen, weil er glaubte, dass dort die Sahara beginne. Doch bei einem Restaurantbesuch in Rabat klärte ihn der Besitzer auf, dass er auf jeden Fall bis hinter das Atlas-Gebirge reisen müsse, um einen Eindruck von der Sahara zu gewinnen. Also fuhr Hermann über Casablanca zunächst nach Marrakesch. Casablanca sei eine neue, laute Stadt. Marrakesch sei durchaus schöner. Er habe aber kaum Möglichkeit gehabt, sich etwas anzuschauen, "weil ich das Moped immer im Auge behalten musste". Es habe viele Touristen und damit auch viele Diebe gegeben. Bemerkenswert sei die Temperaturveränderung gewesen. So sei es in Casablanca noch 30 Grad Celsius warm gewesen. Wenige Kilometer weiter südlich habe das Thermometer dann schlagartig 40 Grad Celsius angezeigt. In der Stadt Ouarzazate waren es schließlich 51 Grad Celsius. "Die Außentemperatur war manchmal heißer als der Zylinder", sagt der Abenteurer.
Von einem Ort zum nächsten fuhr Herrmann offroad mit Kompass. Die Sahara habe zunächst aus Steinen und Schotter bestanden. Aber hinter Ouarzazate begannen die Dünen. "Über Sand kann ich nicht fahren", sagt er, darum endete das Abenteuer Wüste dort. Überrascht habe ihn, dass es in jedem Ort eine Tankstelle gab und er sogar in der Wüste Telefonnetz hatte. Auch Pannen gab es. So sei der Kickstarter in der Wüste kaputtgegangen. "Ich habe mit einem Stein draufgeschlagen, dass er verkantet und wieder greift", beschreibt Herrmann die unorthodoxe Reparatur. Außerdem ereilte ihn auf der Rückreise im nördlichen Marokko ein Sturz. In einem Kreisverkehr rutsche er aus und verletze sich am Knie. Doch er fuhr zwei Tage weiter, bis er in Spanien ein Krankenhaus aufsuchen konnte, um die Wunde professionell reinigen zu lassen. Bis zum letzten Tag habe er nur zwei Zündkerzen wechseln müssen. Doch dieser letzte Tag hatte es in sich. "Alle 30 Kilometer brauchte ich eine neue Zündkerze", erinnert er sich. "Ich habe mich echt gequält, die Reise hätte keinen Tag länger gehen dürfen."
Jetzt steht "Luisa" in der Garage. Es gebe einiges auszubessern, sagt der Reisende. Ein Rad eiert - wahrscheinlich wegen des schweren Gepäcks. Und er müsse das Moped komplett auseinanderbauen, "um den ganzen Sand rauszuholen."
Wer die Abenteuer von Alexander Herrmann verfolgen möchte, kann das unter www.simson-reisen.de tun.
Von Mandy
Fischer
erschienen am 27.12.2016
Wer weiß schon heute noch, was im Januar, Februar oder März passierte? Ist schließlich fast ein Jahr her! Da kann schon manches und mancher in Vergessenheit geraten. So schnelllebig wie die Zeit,
so rasch sind sehr viele Ereignisse in den Hintergrund gerückt. Und manchmal auch die Menschen, die dahinter stehen. Da war die Frau, die drei syrischen Flüchtlingen ein Zuhause auf Zeit gegeben
hat. Oder der Mann, der für eine Spanierin seine Stammzellen spendete. Auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen haben Chemnitzer nicht locker gelassen. Nur durch persönliches Engagement einer
Kunstliebhaberin wurde ein wertvolles Bild bewahrt. Für die Rettung eines stählernen Denkmals setzt sich ein Wissenschaftler mit seinem Verein ein. Ein junger Mann war zur richtigen Zeit am
richtigen Ort und warnte Mieter eines brennenden Hauses gerade noch rechtzeitig. Zu den Menschen, die Schlagzeilen geschrieben haben, gehören aber auch die Unternehmer der Stadt, wie der Mann,
dessen Firma zu den Top 100 in Deutschland gehört und dem neuen Fußballstadion den Namen gegeben hat. Zwei junge Sportlerinnen kehrten von Olympia mit Edelmetall zurück und sorgten so dafür, dass
die Stadt Chemnitz bekannter wird. Ein anderer Sportler hat sich für die Gestaltung des Konkordiaparkes eingesetzt, wo Jugendliche ihre Freizeit verbringen. Mit seiner verrückten Tour rund um die
Ostsee hat ein Simson-Fan alle Skeptiker überzeugt.
Wer wird Chemnitzer des Jahres? Die Redaktion hat mit zehn Kandidaten eine Vorauswahl getroffen. Die Entscheidung liegt bei den Lesern der "Freien Presse". Sie können ab heute bis zum 1. Januar abstimmen - sowohl per Telefonanruf als auch online.
http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Wer-wird-Chemnitzer-des-Jahres-artikel9767848.php
Interview von AKF am 03.11.2016
Die Berichte über deinen 9.000km Ostsee-Trip haben nicht nur unter Simsonfans großes Interesse und Begeisterung hervorgerufen. Hättest du jemals mit so einer riesigen Resonanz gerechnet?
Mit einer großen Resonanz habe ich gerechnet, aber nicht mit so einer gewaltigen von 63.000 Klicks. Das hohes Interesse am Reisen mit einer Simson da ist, habe ich auf meiner London-Reise erfahren. Das diese Story aber so durch die Decke geht, habe ich nie erwartet.
Warum hast du die Ostsee als Ziel gewählt? Was hat dir auf deinem Trip besonders gut gefallen, was hat dich nachhaltig beeindruckt/geprägt?
Nach meiner Reise nach London wusste ich, dass es nächstes Jahr eine größere Tour werden wird. Die Ostsee ist
ein vielseitiges Binnenmeer mit wilder unberührter Natur. Sie hat außerdem Gegensätze, die ich so nie erwartet hätte. Die Armut in Osteuropa und der Reichtum in Nord- und Westeuropa ist ein
Unterschied wie ich noch nie erlebt habe.
Ab Polen durchfährt man zu 85 Prozent nur Wald und umso höher man kommt, desto gerader werden die Straßen. Ab Lappland in Finnland trifft man dann am Tag nur noch Rentiere und fast keine Menschen
mehr. Alle sieben bis zehn Stunden sieht man andere Leute.
Überall waren die Menschen stets freundlich zu mir, aber das lag wahrscheinlich auch mit an meiner Simson. Ich war
für alle der bunte Hund auf der Straße bzw. der verrückte Abenteurer. Besonders beeindruckend war für mich, dass mir die Leute stets helfen wollten, z.B. mit Lebensmitteln und
Gegenständen. Am Abend wurde ich sehr oft von fremden Menschen zum Essen eingeladen. In Finnland wurde mir sogar eine Augenklappe geschenkt, dass ich normal wegen der Mitternachtssonne schlafen
kann.
Die Reise war nicht deine erste größere Tour mit Luisa. Bereits letztes Jahr ging es nach London. Bist du generell sehr reisefreudig oder wie bist du auf die Idee “Reisen mit der Simson” gekommen? Hast du Vorbilder?
Das Reisen ist mein größtes Hobby und Leidenschaft zu gleich. Bei meiner ersten Mopedtour bin ich von
Neukirch/Lausitz über Bautzen nach Spremberg gefahren und wieder zurück. Damals spürte ich, dass ich einmal eine Reise damit machen möchte, aber ganz weit weg!
Letztes Jahr (2015) wurde ich 18 Jahre und wollte meinen ersten Urlaub alleine absolvieren. Da ich kein Auto besitze sondern nur das Moped, habe ich nur eins und eins
zusammengezählt.
Meine großen Vorbilder zum Thema „Motorrad-Reisen“ sind Claudia Metz und Klaus Schubert mit dem Buch „Abgefahren – In 16 Jahren um die Welt“, was ich im Alter von 13 Jahren gelesen habe.
Zusätzlich hat mich ein klein wenig das Buch „Slow Way Down“ von Florian Rolke inspiriert.
Viele Leute aus deinem persönlichen Umfeld waren deinen Reiseplänen gegenüber sehr skeptisch, hielten es quasi für eine Schnapsidee. Hat dich das beeinflusst? Gab es bei deinem Ostseetrip mehr Zuspruch?
Die ganzen Gegensprüche hatten mich nicht weiter gestört, denn als ich das erzählt habe, war ich schon in Planung der Reise und hatte es schon in meinem Kopf festgelegt. Es war für mich der Zuspruch, dass ich alles richtig mache. Dieses Jahr hatten mich fast alle ernst genommen mit meinem Vorhaben, aber die meisten glaubten, dass ich höchstens bis nach Russland komme mit viel Glück.
Dein Ostsee-Trip dauerte 30 Tage. Wusste dein Arbeitgeber über dein außergewöhnliches Vorhaben Bescheid? Wie war die Reaktion?
Auf Arbeit wussten am Anfang nur wenige bescheid, weil ich es vor meinem Start nicht weiter ausgeplaudert habe. Wenn man es nämlich rumerzählt und es doch nicht schafft, ist man am Ende nur ein Geschichtenerzähler, der große Töne spuckt. Nachher war die Begeisterung natürlich sehr groß und es wurde mir hoch angerechnet.
Im Gegensatz zu deiner London-Reise, gab es beim Ostsee-Trip keine größeren Probleme mit deinem S50. Wie hast du dich vorbereitet, was hast du alles für den Notfall mitgenommen?
Ich hatte lediglich Bowdenzüge, Zündkerzen und einen Unterbrecher dabei. Als Werkzeug hatte ich mein Bordwerkzeug und einen Maulschlüsselsatz in der Tasche. Einmal musste kurz vor Hamburg, nach über 8.000 km, der Krümmer fix nachgezogen werden. Als ich drei Minuten wieder in Deutschland war, brachen meine Fußrasten ab. Da half nur noch die nächste Werkstatt mit dem Schweißgerät.
Auf deiner Seite simson-reisen.de finden sich neben ausführlichen Reiseberichten auch entsprechende Tipps. Basieren diese auf deinen eigenen Erfahrungen?
Alle Tipps basieren auf eigenen Erfahrungen. Als ich nach London wollte, merkte ich, dass es für solche extremen Reisen keine Tipps gibt. Es war am Anfang schwierig einzuschätzen wie viel Gepäck ich brauche und was für Ersatzteile oder wie viel 2-Takt Öl ich benötige.
Bisher hast du dich immer allein auf Reisen begeben. War das eine bewusste Entscheidung oder hatte niemand den Mut/die Zeit, dich zu begleiten? Würdest du generell auch in einer Gruppe so einen Trip unternehmen?
Das alleine Reisen ist bewusst entschieden, weil man alles selbst bestimmen kann und von niemandem abhängig
ist. Nur die Nächte sind immer etwas komisch, alleine in der Wildnis bzw. in den Städten. Am Tag brauche ich niemanden um mich herum, aber am Abend ist es zu zweit doch schöner. Deswegen
übernachte ich öfters via Couchsurfing in fremden Wohnungen.
In einer Gruppe zu Reisen kann ich mir nicht vorstellen, aber warum das so ist, dass weiß ich leider selber nicht. Ein anderes Thema wäre wiederum mit einer Freundin und der Simson zu verreisen
(jeder seine eigene Simson...). Da es leider sehr sehr schwierig ist , so eine reisefreudige Person zu finden, werde ich wahrscheinlich die nächste Zeit mit der Simson alleine im Urlaub
verbringen.
Wie sieht es mit Reiseplänen für die Zukunft aus? Gibt’s da schon etwas Konkretes bzw. Wunschziele?
Wunschziele gibt es viele! Afrika bzw. die komplette Durchquerung der Sahara ist für mich noch ein Projekt. Dennoch, die Welt ist groß...!
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen weiterhin viel Freude und tolle Reiseerlebnisse mit Luisa. Ausführliche Infos und Bilder zur Ostseetour gibt es auf simson-reisen.de :-)
Von Jana Peters
erschienen am 06.09.2016
Geschichten von Abenteuer-Reisen gibt es viele. Doch diese ist besonders. Denn sie berührt Menschen in vielerlei Hinsicht. Unter der Überschrift "9000 Kilometer in 30 Tagen- Mit der Simson um die
Ostsee" erschien am 31. August ein Beitrag in der "Freien Presse", der davon berichtet, wie Alexander Herrmann mit seinem Moped einmal um die Ostsee fuhr. Als wäre das noch nicht genug, machte er
noch einen 1600 Kilometer langen Abstecher ans Nordkap. Menschen berührt diese Geschichte, weil sie heute selbst wieder mit dem Kult-Moped fahren, früher einmal eines hatten oder generell
bewundern, wenn jemand seine Grenzen austestet.
Im Internet wurde der Beitrag über das Abenteuer des jungen Mannes 63.000-mal angeklickt, 831-mal wurde er auf Facebook bisher geteilt und 485-mal kommentiert. "Da kann man sehen, was Simson für eine Qualität war", ist da zu lesen, aber auch "Respekt" und "Hut ab". Alexander Herrmann konnte sich vor Anfragen kaum retten. 30 bis 40 private Nachrichten habe er auf Facebook erhalten und teilweise mit zehn verschiedenen Leuten gleichzeitig geschrieben. Die kommentierten sein Abenteuer, wollten wissen, was es gekostet hat und fragten, ob sie das auch schaffen könnten. "Warum denn nicht?", habe er darauf geantwortet. Auch Ersatzteilhändler kontaktierten ihn, weil sie Interviews mit ihm führen wollen, um sie auf ihren Homepages zu veröffentlichen. Außerdem hat ihm ein Veranstalter für Motorradreisen ein ungewöhnliches Angebot gemacht: "Der ist cool, solche Jungs brauche ich", sagt Joe Küster, Gründer des Unternehmens Overcross in Tübingen. Er sei von Herrmanns Geschichte schlichtweg begeistert und biete ihm einen Ausbildungsplatz an. Er sei der einzige, vielleicht europaweit, der Reiseverkehrskaufmänner und Motorradtour-Guides ausbildet. Dafür suche er harte Männer, die dann kreuz und quer auf der Welt, durch Wüsten und Flüsse unterwegs sind. Im vergangenen Jahr habe er 200 Bewerbungen für eine Stelle erhalten. Wichtig: Er suche echte Kerle, aber keine Maulhelden, auch in dieser Hinsicht passe Herrmann.
Zunächst hat Küster den 19-Jährigen eingeladen, im Oktober mit ihm die Motorradmesse Intermot in Köln zu besuchen.
Das Angebot erreichte Alexander Herrmann in London. Seitdem ihn seine erste große Reise mit dem Moped im August 2015 in die britische Hauptstadt führte, fliegt er alle zwei Monate für ein Wochenende dort hin. Einfach so. Das Angebot von Joe Küster überrasche ihn, er habe aber noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Außerdem sei er mit seiner Ausbildung zum Industriemechaniker bei Niles Simmons und den Job-Aussichten sehr zufrieden. Von dem ganzen Rummel um ihn sei er völlig überrascht, damit habe er nie gerechnet.
Und was sagen seine Eltern zu ihrem Abenteurer? "Die sind stolz", sagt er. Sie hätten auch nicht versucht, ihm die Reise auszureden. Das sei vor seiner Fahrt nach London noch ganz anders gewesen. Damals habe nur sein bester Freund hinter ihm gestanden. Alle anderen seien dagegen gewesen. Damals habe er Kommentare gehört wie "Du wirst nur schieben", "Niveau 5. Klasse" oder "unmöglich". Herrmann ließ sich nicht beirren und verwirklichte seinen Traum. "Ich habe bewiesen, dass es geht", sagt er. Und wie das geht. Auf der Londonreise hatte er einige Pannen. Doch bei seiner Reise um die Ostsee musste er kein einziges Mal sein Werkzeug auspacken. Ob sein Opa, der ihm die Simson S50, Baujahr 1977, zum Weihnachtsfest 2013 schenkte, geahnt hätte, welche Strecken das Zweirad mit seinem Enkel noch zurücklegen wird? Sein Opa habe damit nie das Dorf verlassen, sagt Herrmann.
Und, gibt es schon neue Reisepläne? Nicht so konkret, sagt er, dafür wäre ein Sponsor nötig. Doch dann lässt er sich doch etwas entlocken: "Afrika ist auch schön." Auf seiner Homepage hat der Chemnitzer ein Zitat veröffentlicht: "Es erscheint immer unmöglich, bis man es gemacht hat."
http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Simson-Abenteuer-bewegt-Tausende-artikel9623844.php
Von Jana Peters
erschienen am 31.08.2016
Der Umweg war nicht geplant. Aber als Alexander Herrmann mit seiner Simson am nördlichsten Punkt der Ostsee angekommen war, dachte er, das könne noch nicht alles sein. Kurzerhand entschied er
sich, auch noch einen Abstecher zum Nordkap zu machen. Das bedeutete einen Umweg von 1600 Kilometern hin und zurück. Bei insgesamt 9000 Kilometern, die am Ende der Reise auf dem Tacho standen,
erscheint das wie ein Katzensprung.
Die Idee zu dem ehrgeizigen Projekt kam dem 19-Jährigen im vergangenen Sommer. Da fuhr er mit seinem Moped in zehn Tagen nach London. Eher so aus Spaß habe er dann nachgesehen, wie viele Kilometer eine Tour rund um die Ostsee wären. Nach ein bisschen Rechnen wurde die Sache schließlich ernst. Der Industriemechaniker-Lehrling nahm Urlaub, feierte Überstunden ab und war 30 Tage unterwegs. Täglich saß der junge Mann mindestens zehn Stunden auf der 3,6 PS starken und maximal 60 Kilometer pro Stunde schnellen Simson, war in den baltischen Ländern, Russland, Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark. Das sei die ersten drei Tage lang anstrengend gewesen, danach wurde der Ablauf zur Routine: Aufstehen, Zelt abbauen, fahren, Zelt wieder aufbauen. Manchmal übernachtete er auch kostenlos bei Fremden, was er über das Internetportal Couchsurfing vereinbarte.
Besonders kurz war sein Aufenthalt in Russland. Er wollte an der estnischen Grenze einreisen. Doch die Grenzbeamten kannten das Konzept eines Saison-Kennzeichens, das nicht in den Papieren steht, nicht. Drei Stunden habe er dort zugebracht, ab 4 Uhr morgens. Immerhin hätten ihm die Zöllner Kaffee gekocht. "Ich kann kein Russisch und die konnten nur Russisch", schildert er das Problem. Schließlich habe ein Busfahrer übersetzen können. Die Zollbeamten riefen bei der Zentrale in Moskau an, wo sein Moped registriert wurde, und Herrmann durfte passieren. Einige Stunden später erreichte er St. Petersburg. Doch dort habe es geregnet, er habe sich ein paar Sehenswürdigkeiten von außen angesehen und sei dann weitergefahren. Knapp 400 Kilometer legte er zurück - und kam noch am selben Tag an der Grenze zu Finnland an. Doch die Zöllner wollten ihm nicht glauben, dass er mit diesem für sie abenteuerlichen Gefährt die ganze Strecke an einem Tag zurückgelegt haben soll. Sie riefen beim estnischen Grenzübergang an, wo man sich noch lebhaft an den exotischen Reisenden erinnern konnte. Die Zöllner an der finnischen Grenzen machten ein privates Foto mit dem Deutschen, und er konnte weiter.
Eigentlich war der nördlichste Punkt am Eingang des Polarkreises, 120 Kilometer nördlich der Ostsee in Finnland als Ziel geplant. Doch als er in der Stadt Oulu war, entschied er sich fürs Nordkap. Da er hörte, dort oben gebe es oft hunderte Kilometer lang keine Tankstelle, füllte er neun Liter Benzin in Wasserflaschen ab und verstaute sie in seinem Gepäck. Damit hätte er eine Tankfüllung - in die Simson S50 passen 9,5 Liter - gut improvisieren können. Norwegen sei der Höhepunkt seiner Reise gewesen, sagt Herrmann. Rechts der Atlantik, vor ihm die Straße, links die steile Felswand. Selbst für den ersten Gang sei das grenzwertig steil gewesen. Doch zur Not hätte er eben geschoben, sagt Herrmann. Selbst, wenn ihm jemand angeboten hätte, das Moped aufzuladen - er hätte es abgelehnt. Kurz vor dem Nordkap verbrachte er ein paar Stunden im Zelt. Das baute er 2 Uhr nachts ab und war 3 Uhr am Nordkap, bei Mitternachtssonne und als einziger. "Das war sehr beeindruckend", erinnert er sich.
Beeindruckend sei auch gewesen, dass er auf der 30-tägigen Fahrt kein einziges Mal sein Werkzeug auspacken musste, ganz im Gegenteil zur London-Reise. Im Gepäck hatte er unter anderem acht Liter Zweitaktöl, Schläuche, Bowdenzüge für das Gas, einen Kupplungshebel, Teile für die Elektronik und 15 Zündkerzen. "Aber ich musste nicht eine einzige Zündkerze austauschen", sagt Herrmann staunend. Seine Simson, die den Namen Luisa trägt, ist immerhin Baujahr 1977. Sein Opa schenkte sie ihm 2013 zu Weihnachten. Nur eine Panne gab es mit Luisa. Doch da half auch das Werkzeug nichts. Kurz nachdem er die deutsche Grenze in Flensburg passiert habe, fielen die Fußrasten ab. In einer Werkstatt wurde der Schaden behoben. "Irgendwann löst sich eben jede Schweißnaht", kommentiert Herrmann.
Von Jana Peters
erschienen am 15.08.2015
Sie heißt Luisa. Luisa hat ein schönes Fahrgestell und Alexander Herrmann ist, obwohl sie beträchtlich älter ist als er, ziemlich verliebt in sie. Die Rede ist nicht von einer Frau, sondern von
einem Moped, genauer einer Simson S50, Baujahr 1977. Der 18-Jährige bekam sie Weihnachten 2013 von seinem Opa geschenkt. Luisa ist ein Familienerbstück.
Damit hat sich Alexander Herrmann jetzt bis nach London gewagt. Zwei Wochen lang war er mit der Simson unterwegs, gemeinsam legten sie über 3000 Kilometer zurück. Weder seine Eltern noch seine Freunde seien von der Idee angetan gewesen, gibt Herrmann zu. "Du wirst nur schieben", hätte er von den Zweiflern gehört. Doch die Unkenrufe schlug der Industriemechaniker-Lehrling in den Wind, schloss eine ADAC-Plus-Mitgliedschaft ab und startete nach London.
Die Versicherung sollte sich schon bald bezahlt machen. Ungefähr drei Kilometer vor Calais, wo er auf die Fähre nach Dover wollte, blieb Luisa stehen. Er habe drei Stunden lang in der Einöde verbracht, bis er schließlich abgeschleppt wurde. Diagnose: Kein Benzin im Tank. Er habe gegen extremen Gegenwind fahren müssen, so erkläre er sich den erhöhten Treibstoffverbrauch. Am späten Abend desselben Tages nahm er die Fähre und kam nachts in Dover an. Normalerweise übernachtete der junge Mann in Jugendherbergen oder bei Fremden, die er zuvor bei der Internetplattform Couchsurfing, bei der kostenlose Schlafplätze angeboten werden, angeschrieben hatte. Doch an jenem Abend fand er nichts. Kurz vor London machte er es sich darum an einer Bushaltestelle bequem. Immerhin zweieinhalb Stunden Schlaf waren drin. So konnte er früh starten und war um 7.30 Uhr auf der Westminster Bridge in London vermutlich der erste Tourist des Tages. "Ich war wie ein bunter Hund auf den Straßen", erinnert er sich. Dauernd hätten ihn Leute angesprochen oder ihm mit erhobenem Daumen ihre Anerkennung ausgedrückt.
Ein unschönes Erwachen gab es am ersten Morgen in London: Herrmann fand seine Simson schwer beschädigt vor der Jugendherberge. Vermutlich war ein Auto dagegen gefahren. Als er neben ihr wieder auf den Abschleppdienst wartete, habe ihn eine Frau auf Deutsch angesprochen. Solche Mopeds würden doch nur in ihrer Heimat Thüringen gebaut. Später erfuhr er, dass die 30-Jährige seit acht Jahren in London lebt. Sie kam für ihn wie gerufen und half ihm, mit der Werkstatt zu kommunizieren.
Dass Luisa offenbar Heimatgefühle hat, bemerkte Herrmann auf der Rückreise. In den Niederlanden habe der Tacho den Dienst eingestellt, sagt der Abenteurer. Doch als er die ehemalige Deutsch-Deutsche-Grenze passierte, habe er gesehen, wie die Nadel wieder kurz ausschlug. "Ab Meerane ging der Tacho dann fast wieder die ganze Zeit richtig", sagt er.
Und gibt es schon ein neues Ziel? "Naja", sagt der junge Mann zögerlich, "vielleicht irgendwann einmal mit der Simson um die ganze Welt."