2020 scheint mir nichts mehr zu sein wie es einmal war. Im öffentlichen Raum ist es zu einer Selbstverständlichkeit geworden, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Überall soll man sich die Hände desinfizieren und die Wirtschaft ist am kämpfen.
Es ist Sommer und es ist Urlaubszeit, jeder möchte verreisen um mal den Kopf frei zu bekommen, von dem was die letzten Monate alles passiert ist. Doch wohin verreist man während einer anhaltenden weltweiten Pandemie, wo man dennoch Entspannung findet und weitestgehend Menschenkontakt vermeidet? So entschied ich mich auf meine Simson zu setzen und einfach loszufahren. Den Risikoländern aus dem Weg zu gehen und schauen, wohin es mich treibt. So bepackte ich am Freitag, den 07.08.2020 wieder meine S50 und fuhr einfach los.
1. Tag 07.08.2020 Neukirch/Lausitz - Wroclaw (ehemals Breslau) 235km
Innerhalb 30 Minuten packte ich alles was ich auf die Reise mitnehmen möchte und hoffte, dass ich nichts großes vergessen habe. Noch müde von der Dienstreise von der ich gerade kam schnallte ich die Taschen auf die Seitengepäckträger. Das letzte Mal bin ich Moped am letzten Tag von meiner Rückkehr von der Sahara-Tour 2017 gefahren. Gute 3 Jahre ist es nun her und ich weiß noch nicht einmal wirklich, ob die Simson gut fährt. Hauptsache weg und der Rest regelt sich unterwegs, so waren meine Gedanken.
Früh 8:15 Uhr fuhr ich los und ich entschloss mich spontan heute nach Wroclaw zu fahren. Es war ein tolles Gefühl, mal wieder diesen Aufbruch zu spüren, den ich 2015 nach London hatte. Ab Mittag drückte die Sonne sehr und es wurde unerträglich heiß. Sehr zeitnah begann nun auch mein Hintern zu schmerzen. Ich musste mich erst einmal wieder an das Sitzen gewöhnen. Kurz vor Wroclaw wurde der Verkehr zunehmend stärker und bei jeder roten Ampel schwitzte ich mich kaputt. Die erste Nacht verbrachte ich auf einem Zeltplatz am Stadtrand. Als ich auf den Zeltplatz fuhr, da kamen von weiter Entfernung deutsche Rufe "Nee, was machst du hier?". Es war Falk aus Ulm, den ich auf meiner Sahara-Tour 2017 kennen lernen durfte. Er besitzt in Ulm einen Laden für Simson- und MZ Motorräder. Wir begrüßten uns fröhlich und quatschten ein bisschen. Er war mit seiner Frau auf einer MZ unterwegs. Er hat über die Simson-Mopeds ein sehr hohes Wissen, was ich auf dieser Reise noch zweimal brauchen werde. Zum Abend fuhr ich mit der Straßenbahn in die Innenstadt und schaute mir alles an.
2. Tag 08.08.2020 Wroclaw (ehemals Breslau) - Krakau 304km
Beim Zeltabbau merkte ich schon wie die Sonne am Morgen drückte und so fuhr ich schon 7:30 Uhr bei warmen Temperaturen los. Mein heutiges Ziel sollte Krakau sein. Zum Frühstück gab es am Supermarkt ein kleines Stück Kuchen, was bis zum Abend das letzte Essen gewesen sein soll. Unterwegs machte ich Halt in Oswiecim an der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Am Eingang befand sich eine große Schlange an Menschen. Durch die Corona-Schutzmaßnahmen dauerte alles ein wenig länger. So bekam ich eine Führung durch ein Stück deutsche Geschichte. Vor Ort ist sowas immer schwer zu realisieren, was damals hier passiert ist, aber Fakt ist, dass es nun einmal geschehen ist. 18 Uhr saß ich dann wieder auf der Simson und fuhr die letzten 60km nach Krakau. Unterwegs dachte ich über das Erlebte nach. Ich stellte mir die Frage, warum so viele Menschen in Deutschland wieder für ihr heiliges "Reich" auf die Straßen gehen und die Reichsflagge nach oben halten. Es kann bzw. es muss die Dummheit sein, sich so etwas zu wünschen. Ein klar denkender Mensch kann sich nicht nach der alten Zeit sehnen. Dieses Gedankengut ist traurigerweise in Deutschland wieder salonfähig geworden.
Die Sonne ging nun langsam unter und ich erreichte den äußeren Stadtring von Krakau. Die Straße führte einen steilen Berg hinunter und ich fuhr im schwimmenden Verkehr bei 70km/h mit. Plötzlich kam von der Seite ein Auto herausgefahren und es nahm mir die Vorfahrt. Zum Glück war neben mir in diesem Moment kein Auto und ich konnte beim Bremsen seitlich leicht ausweichen. Ansonsten wäre ich frontal darauf gefahren. Meine Gastgeberin für die nächsten zwei Nächte in Krakau hieß Sylwia. Ich kenne sie aus Chemnitz, weil sie mal zusammen mit ihren Freundinnen über Couchsurfing bei mir geschlafen hat. Sie ist erst gerade in ihre neue Wohnung eingezogen und so standen noch überall Kisten herum und das Badezimmer war auch gleich mit vorübergehend die Küche. Als ich ankam, wartete Sylwia schon auf mich und hatte mir ein leckeres polnisches Gericht zubereitet.
3. Tag 09.08.2020 Krakau
Da ich auf dieser Reise keine Zeitnot hatte, konnte ich mir einen Tag Pause in Krakau genehmigen. Meine Gastgeberin nahm sich heute extra für mich die Zeit, um mir die Stadt zu zeigen. Wir starteten nach einem tollen Frühstück gemeinsam ins Zentrum. Bis zum Abend liefen wir durch die komplette Innenstadt um alles zu sehen. Zum Schluss waren wir noch im jüdischen Viertel und haben eine Synagoge besucht. 22 Uhr waren wir dann einfach nur noch geschafft und legten uns schlafen.
4. Tag 10.08.2020 Krakau (Polen) - Kosice (Slowakei) 280km
Nach dem Frühstück startete ich nach Süden, genauer gesagt in die Slowakei nach Kosice. Sylwia gab mir noch ein Lunchpaket mit, dass damit ich etwas zum Mittagessen habe. Umso näher ich zur Grenze fuhr, desto bergiger wurde die Landschaft. Vom polnischen Flachland wurde es nun schlagartig zum Gebirge. Der Motor hatte durch die Hitze und die Steigungen stark zu kämpfen, aber dies war für meine Simson natürlich kein Problem. Während ich langsam die Berge hinauf fuhr, machte ich mir Gedanken, wohin ich morgen weiter fahren möchte. Bleibe ich erstmal in der Slowakei oder fahre ich doch noch etwas südlicher? Mir kam plötzlich in den Sinn, dass ich doch auch nach Rumänien fahren könnte, ans Schwarze Meer. Ich kontrollierte direkt die Liste der Risikogebiete vom Robert-Koch-Institut (RKI) und konnte das Land Rumänien noch nicht entdecken. Mein neues Ziel war klar: Ab nach Rumänien an das Schwarze Meer. Zum frühen Nachmittag ca. 15 Uhr erreichte ich die Stadt Kosice. Ich übernachtete auf einem Zeltplatz am Stadtrand. Nachdem ich mein Zelt aufgestellt habe, bin ich über die Taxiapp "Bolt" ins Zentrum gefahren. Dort besuchte ich den Dom und machte einen Spaziergang durch die Stadt. Kurz bevor ich mich zum schlafen legte, checkte ich noch einmal die RKI-Liste der Risikogebiete. Rumänien ist nun offiziell zum Risikogebiet erklärt. Morgen brauche ich einen neuen Plan.
5. Tag 11.08.2020 Kosice (Slowakei) - Budapest (Ungarn) 286km
Nach dem Aufwachen schaute ich mir erstmal die Landkarten an, wo ich heute hinfahren könnte. Die letzten Tage waren teilweise unerträglich heiß und so dachte ich mir, dass eine Abkühlung im Balaton ganz gut tun würde. Nach dem Bepacken fuhr ich nach Ungarn. Die Straßen waren nun deutlich schlechter als in Polen oder in der Slowakei, aber dafür konnte man in fast jedem Dorf eine Simson entdecken. Auf dem Wetterradar war für heute Regen gemeldet. Allmählich wurde es deutlich dunkler und Regenwolken zogen auf. Ich hatte nicht wirklich Interesse beim Regen zu zelten und so buchte ich mir spontan ein Zimmer in Budapest. Zwischendurch regnete es, aber sobald ich in Budapest war, hatte ich wieder Sonnenschein. Im Zentrum an der Kettenbrücke gab es plötzlich einen Knall und darauf folgten Fehlzündungen. Das Moped hielt gerade noch so bis zum Hostel durch. Am Hostel war niemand anzutreffen, und drinnen waren alle Fenster dunkel. Was nun, ich hatte keine Unterkunft? Bezahlt hatte ich leider schon, aber es wurde bald dunkel und ich brauchte einen Schlafplatz. Nun musste ich in direkter Umgebung eine Unterkunft zu Fuß suchen, da nun die Simson überhaupt nicht mehr startete. So schob ich die Simson die Straße entlang und nahm das erste Hotel, das ich gefunden habe. 150€ zahlte ich für zwei Nächte. Einen zusätzlichen Tag muss ich für die Reparatur einplanen. Nach über 24.000km Simson-Reisen hatte ich meine erste Panne. Kein schlechter Schnitt, war mein Gedanke. Und dass die Simson in Budapest kaputt gegangen ist, war auch ein Segen. Hier bekomme ich definitiv Hilfe! Der Abend war dann wieder verregnet und so blieb ich im Hotel.
6. Tag 12.08.2020 Budapest (Ungarn) 24km
So zeitig wie möglich bin ich heute aufgestanden um den Tag durchzuplanen. Ich suchte mir über Google-Maps eine Werkstatt für Mopeds, wo ich eventuell Hilfe bekommen könnte. Das Moped ist zum Glück heute früh angesprungen und ich konnte die 10km bis zur Werkstatt zurücklegen. Meine größte Angst war es, das Moped die ganze Strecke schieben zu müssen. Ich kam an der Werkstatt "Tabori Tuning Motorszerviz" an. Draußen stand eine Simson vor der Tür und ich wusste, dass ich hier richtig bin. Ich wurde freundlich empfangen und versuchte mit Gestiken zu erklären was das Problem ist. Der Besitzer nickte zuversichtlich und meinte, ich sollte am Nachmittag wiederkommen. Ich fuhr dann mit dem Taxi ins Zentrum und setzte mich auf eine Bank. Ich war gerade erst angekommen und ich bekam einen Anruf, dass ich bitte schnell zurückkommen soll. Mit dem Taxi fuhr ich zurück zur Werkstatt und der Besitzer hatte einen Verwandten organisiert, der Deutsch sprechen konnte. So habe ich das Problem nochmal ordentlich erklären können. Danach blieb ich aber unmittelbar in der Nähe und setzte mich 6 Stunden an die Donau und schaute auf das Wasser. Ständig 15€ pro Strecke mit dem Taxi möchte ich nicht bezahlen. Zum Mittag verschlug es mich zwischenzeitlich in ein Kaufhaus. Dort kaufte ich mir eine Landkarte für Kroatien und Italien. Mein Plan war es nun, dass ich vielleicht nach Kroatien fahre und dann mit der Fähre nach Italien übersetze, und mir San Marino anschaue. Mein Moped wurde dann am Nachmittag auch fertig und ich war sehr zufrieden. Das Moped lief wieder wie gewohnt. Der Werkstatt bin ich sehr dankbar über die schnelle Hilfe und wir klebten einen Sticker von der Werkstatt auf mein Moped. Nun konnte der morgige Tag kommen!
Generell hatte ich heute sehr viel Hilfsangebote über Facebook erhalten, von Leuten, die in Budapest wohnen. Für diese Hilfe war ich sehr dankbar und zeigte wieder einmal die Hilfsbereitschaft gegenüber mir als Ausländer.
7. Tag 13.08.2020 Budapest (Ungarn) - Vonyarcvashegy (Ungarn) 214km
Sehr schleppend kam ich durch den warmen morgigen Verkehr in der ungarischen Hauptstadt voran. Irgendwann fuhr ich auf dem Fahrradweg in Richtung Stadtrand. Ich wollte schließlich heute noch am Balaton ankommen. Unterwegs passierte heute nicht viel Aufregendes und so erreichte ich sehr zeitnah mein Tagesziel. Mein Plan war es heute zu zelten, aber die Wetterprognose meinte es nicht gut mit mir. In 3 Stunden soll es schon anfangen mit starkem Regen und Gewitter. So buchte ich kurzerhand mir eine günstige Unterkunft. Ich beeilte mich nun, dass ich wenigstens mal kurz in den Plattensee rein springen kann.
Der Abschnitt zum baden war eine Touristenhochburg und die Leute lagen fast aufeinander. Überall nur Deutsche, die scheinbar von der Abstandsregelung zu diesen Zeiten noch nie etwas gehört haben und diese konsequent ignorieren. Ich war ungefähr 10min im Wasser und danach machte ich mich aus dem Staub. Mir ist es schleierhaft, wie Leute sich so überhaupt entspannen und den Urlaub genießen können. Aber jeder soll selbst entscheiden. Es gibt genügend Menschen, die kritisch auf meine letzte Reise schauen und sich dasselbe über mich fragen...
Die Sonne blieb allerdings noch bis zum Schluss. Der Regenschauer kam erst über Nacht.
8. Tag 14.08.2020 Vonyarcvashegy (Ungarn) - Zagreb (Kroatien) 235km
Noch sehr verschlafen schnallte ich meine Taschen an das Moped an und startete in den Tag. Das heutige Ziel war die Stadt Zagreb in Kroatien. Direkt nach dem Start hatte ich ein Wettrennen mit einem älteren Opa, der auch eine S50 fuhr. Auf der geraden Strecke konnte ich ihn abhängen und hinter mir lassen, aber nun folgte darauf ein hoher Anstieg. Er kam mir gefährlich nah, aber kurz bevor er mich fast eingehohlt hätte, da ist er in eine Einfahrt abgebogen. Das Rennen konnte ich somit für mich entscheiden!
Meine Zeit in Ungarn scheint nun gleich vorbei zu sein, denn nun sah ich schon die Grenze zu Kroatien. Ich war ein bisschen darüber aufgeregt, wie der Grenzübergang ablaufen wird. Momentan braucht man durch die Corona-Bestimmungen ein Einreiseformular, dass ich online noch nicht ausgefüllt habe. Ich fuhr an die Grenze heran und ich war scheinbar komplett alleine. Alle Schranken waren geschlossen und kein Mensch war zu sehen. "Ist dieser kleine Grenzübergang geschlossen?" waren meine Gedanken. Ich wartete ungefähr zwei Minuten und dann kamen drei Beamte aus dem Nachbarhaus heraus. Sie waren erst ein bisschen ernst, aber die angespannte Stimmung legte sich schnell, da die Faszination zum Moped zu groß war. Ungefähr 15min verbrachte ich mit den Einreiseformalitäten und 10.30 Uhr durfte ich die Grenze übertreten. Die nächsten 20km war ich fast alleine auf der Landstraße unterwegs. In der ersten Stadt musste ich mir Lebensmittel verschaffen. Ich war überrascht, ich habe immer angenommen, dass Kroatien den Euro als Währung hätte. Umgerechnet 100€ hob ich am Automaten ab und nun konnte ich auch etwas einkaufen.
Am Nachmittag erreichte ich die Hauptstadt von Kroatien und machte einen gemütlichen Spaziergang. Die Stadt war durch Corona wie ausgestorben und alle Straßen waren leer. Kaum Touristen waren zu entdecken und somit hatte ich wenigstens meine Ruhe beim Stadtrundgang.
Am Abend im Hostel wollte ich mir mein Ticket für die Fähre nach Italien kaufen. Sicherheitshalber kontrollierte ich nochmal die Einreisebestimmungen für Italien. Seit heute braucht man einen Corona-Test, wenn man aus Kroatien einreist und außerdem sind seit heute einige Gebiete von Kroatien zum Risikogebiet erklärt worden. Die Zahlen von Zagreb waren auch erschreckend hoch. Mein Plan musste nun schnell geändert werden und ich beschloss, morgen aus Kroatien auszureisen, zurück nach Ungarn.
9. Tag 15.08.2020 Zagreb (Kroatien) - Lenti (Ungarn) 160km
Während der Nacht tobte ein schweres Unwetter über Zagreb. Ein so starkes Gewitter habe ich selten erlebt und der Regen löste die Alarmanlage von einem PKW vor meinem Fenster aus. Nach ungefähr 40min kam der Besitzer und schaltete den Alarm ab. Danach konnte ich nun endlich auch einschlafen.
Mich ärgerte es ein bisschen heute wieder Kroatien zu verlassen, aber die Vernunft musste stärker sein. Zwischenzeitlich waren die Straßen und die Autos zum Mittag auf den Dörfern plötzlich nass. Ich schaute um mich herum und konnte nur blauen Himmel entdecken. Hier muss vor nicht langer Zeit ein Regenschauer entlanggezogen sein. Am Grenzübergang ging bei mir alles ganz schnell und nach 24 Stunden war ich zurück in Ungarn. Auf der Gegenseite warteten unzählige Urlauber am Grenzübergang nach Kroatien. Eine kilometerlange Schlange von PKW's und genervten Gesichtern konnte ich 15min lang beobachten, als ich an ihnen vorbei fuhr. Alle Blicke waren auf mich gerichtet, schließlich gab es für die anderen nicht viel mehr zu tun.
Mein Ziel sollte heute Österreich sein. Auf einer Landstraße stand ich an einer Baustelle an. Plötzlich ging der Motor aus und ich hatte zu tun, dass ich den Motor wieder gestartet bekomme. In der kleinen ungarischen Stadt Lenti war ich an einer Tankstelle und danach wollte die Simson nicht mehr anspringen. Ich verbrachte damit 30min und fuhr vorsichtig los. Ich hatte gerade die Stadt verlassen und plötzlich gab es nur noch Fehlzündungen und dann ging nichts mehr. "Was nun?" dachte ich mir. Ich schob die Simson in die Stadt zurück und brauchte einen neuen Plan. Es war schon Samstagnachmittag und somit brauchte ich für heute keine weitere Hilfe erwarten. Zum Schluss checkte ich in ein Wellness-Spa Hotel ein. Die Nacht war mit 95€ recht ordentlich, aber dafür mit Frühstück und Abendbrot. Bis Montag hatte ich direkt reserviert. Da ich kein passendes Werkzeug dabeihatte, blieb mir nur meine ADAC-Plus-Versicherung übrig. Nächsten Morgen sollte jemand vorbeikommen und mir helfen.
10. Tag 16.08.2020 Lenti (Ungarn) 0km
Zum Mittag kam dann der ungarische Pannendienst und schaute das Moped an. Er konnte mir natürlich nicht helfen, da er nur für Autos ausgestattet ist. Er organisierte für mich jemanden mit Erfahrung für Mopeds. Diese Person kommt aber erst morgen und so konnte ich noch eine Nacht warten...
11. Tag 17.08.2020 Lenti (Ungarn) 30km
"Neue Woche, neues Glück" mit diesen Gedanken bin ich heute aufgestanden. 8 Uhr kam dann direkt der neue Pannendienst und brachte mich in eine "Werkstatt". Es war im Umland ein älterer Mann mit einem Schuppen, wo eine Werkbank stand. Dort machten wir die Luisa wieder flott und war dann bereit für die weiterreise. Eine Nacht blieb ich noch im Hotel und dann ging es wieder los.
12. Tag 18.08.2020 Lenti (Ungarn) - Graz (Österreich) 170km
Sonnenschein, sehr gut gelaunt und optimistisch startete ich heute nach Österreich. Das heutige Etappenziel war die Stadt Graz. Nach 20min Fahrspaß kamen sehr dunkle Regenwolken und dann musste alles ganz schnell gehen. Eine Wand aus Regen kam auf mich zu und die Regenkleidung war innerhalb 2min angezogen und alles an der Luisa wetterfest verpackt. Es schüttete wie aus Eimern und es gab nichts zum unterstellen. Die Angst, dass jetzt meine Simson absäuft, war riesengroß. Ein Gewitter war jetzt direkt über mir und ich zuckte zusammen, da ein Blitz unmittelbar bei mir eingeschlagen ist. Nach 10min war wieder alles vorbei und mir ging während der Zeit mein Hintern sehr auf Grundeis. Die Grenzüberschreitung war Problemlos und ich wurde direkt durchgewunken. Ab Österreich lockerten dann die Wolken wieder auf und die Sonne kam wieder durch. In einer Jugendherberge fand ich am Bahnhof ein gutes Zimmer und einen sicheren Stellplatz für die Luisa.
Da es heute nicht so viele Kilometer waren, hatte ich diesmal sehr viel Zeit, um die Stadt zu erkunden. Zum späteren Nachmittag wurde es sogar noch schön warm und konnte den Tag perfekt ausnutzen. Highlight heute war, die längste Untergrund-Rutsche der Welt. Die kann ich jedem empfehlen.
13. Tag 19.08.2020 Graz (Österreich) - Steyr (Österreich) 230km
Auf den heutigen Tag freue ich mich sehr. Ich erhoffe mir von heute ein schönes Alpenpanorama, schöne Talfahrten und einen geselligen Abend. Die Landschaft war wunderschön und nun kamen die ersten Steigungen. Die Simson hatte heute ein bisschen einen schlechten Tag und das Moped quälte sich die Berge hoch. Der längste Berg war mit 10% Steigung eine ordentliche Belastung für Mensch und Maschine. 20min im ersten Gang und teilweise mit halbgezogener Kupplung. Es tat im Herzen weh, so die Luisa zu quälen. Am Gipfel gönnte ich der Maschine eine Pause. Während der Pause gab es Schneeregen, aber ich hatte zum Glück eine Bushaltestelle zum drunter stellen. Als der Motor runtergekühlt war, ging es abwärts. Schöne Kurven, eine herrliche Aussicht, alles was eine Entschädigung braucht. In der Stadtgemeinde Eisenerz kam ich an einem Denkmal vorbei, das an einen Todesmarsch 1945 in das KZ Mauthausen erinnerte.
Weiter ging es an Eisenerzabbaugebiete und entlang an schönen Dörfern. Zum Nachmittag erreichte ich die Stadt Steyr und machte einen Stadtrundgang. Ich betrat die Pfarrkirche Steyr-St. Michael und war ganz alleine. Es war eine sehr bedrückende Stille, man konnte fast seinen Herzschlag hören. Ich setzte mich für eine Weile hin und betrachtete die Inneneinrichtung. Als ich gehen wollte, kam gerade der Pfarrer rein und war sehr überrascht, dass jemand drin war. Eigentlich sollte nämlich die Kirche geschlossen sein und er wollte zuschließen. Das wäre fast blöd ausgegangen...
Ich fuhr anschließend zum Hotel. Da traf ich meine Arbeitskollegen die gerade bei BMW auf Dienstreise sind und dann verbrachten wir den Abend mit ein paar Getränken. Heute ist tatsächlich alles so geworden wie ich mir das vorgestellt habe, aber leider ist seit heute mein Tacho kaputt...
14. Tag 20.08.2020 Steyr (Österreich) - Passau (Deutschland) 150km
Über kleine Feldwege führte es mich in Richtung Linz. Links neben mir zeigten sich die Alpen von ihrer schönsten Seite und die Sonne meinte es heute auch wieder gut mit mir.
In Linz verblieb ich nicht lange und mein Weg führte mich nun direkt an der Donau entlang. Hin und wieder machte ich eine kleine Pause an der Donau und schaute dem Fluss beim Treiben zu. Kurz vor Deutschland traf ich einen älteren Mann auf einem Traktor. Er fuhr ein Zt323 und war damit gerade im Urlaub. Als er mir erzählte, wo er damit schon überall war, da staunte ich nicht schlecht. Er war gerade unterwegs nach Italien und da war ich echt beeindruckt!
Dann ging es weiter in die Grenzstadt an den drei Flüssen - Passau. Hier treffen sich die Flüsse Donau, Inn und Ilz. Die Altstadt ist wirklich sehr empfehlenswert und lädt zum Verweilen ein. Ich besuchte aus Neugier das Deutsche Dackelmuseum, was wirklich witzig gemacht wurde. Heute zeltete ich mal wieder und der Zeltplatz war direkt an einem Fluss. Zwar recht stark besucht durch den Donauradweg, aber es war auszuhalten. Morgen soll es mich nochmal ins Ausland verschlagen, nämlich in die Tschechei.
15. Tag 21.08.2020 Passau (Deutschland) - Pilsen (Tschechei) 200km
Die letzte Nacht meiner Reise sollte in Pilsen sein. Von Passau ging es durch den bayrischen Wald bis zur tschechischen Grenze. Von dichten Wäldern und Bergen wurde es schlagartig wieder relativ flach und ich war auf viel befahrenen Straßen unterwegs. Für die letzte Nacht buchte ich mir von unterwegs ein Hotel und war schon auf die Stadt gespannt. Auf dem Marktplatz war an diesem Tag ein öffentliches Musikfestival mit vielen Bühnen um das Zentrum verteilt. Dort gab es erstmal selbstverständlich ein Pilsner zu trinken. Nach der Stadtbesichtigung reihte ich mich mit Abstand zu den Zuschauern ein und hörte den Bands zu. Zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Konzertfeeling gehabt. Das habe ich sehr genossen. Der letzte Abend neigte sich dem Ende zu und es sollte noch ein anstrengender Tag auf mich warten.
16. Tag 22.08.2020 Pilsen (Tschechei) - Chemnitz (Deutschland) 180km
Mit einer netten Unterhaltung früh am Parkplatz startete ich für die letzte Etappe. Exakt nach 5min fing es natürlich an zu regnen und ich musste anhalten, die Regenkleidung anziehen und war direkt innerlich schon bedient... Als ich weiterfuhr, hörte der Regen wieder auf. Das war wieder einmal reines Mobbing, aber ich hatte erstmal die Regenkleidung angelassen.
Kurz vor Deutschland begann die Landschaft wieder bergiger zu werden. Das Erzgebirge näherte sich, aber leider auch einige dunkle Regenwolken. Der lange bergige Anstieg zur deutschen Grenze startete. Plötzlich tauchten vor mir ein paar tschechische Jugendliche mit Mofas auf. Dass dies jetzt ein Wettrennen war, das war natürlich selbstverständlich. Die ersten beiden konnte ich locker überholen, aber dann musste ich schon in den ersten Gang schalten. Der Junge neben mir tritt ordentlich in die Pedale und holte sich zwischenzeitlich die Führung. Kurz vorm Gipfel konnte ich ihn noch einholen und habe das Rennen für mich entschieden. Wir winkten uns noch gegenseitig zu und ich verschwand hinter der Grenze. Nun wartete auf mich ein starker Regen, der bis Chemnitz nicht aufhörte. Auf der Strecke nach Chemnitz kam ich noch am alten MZ-Werk vorbei und dann war es soweit. Die Reise ist geschafft. Nach ungefähr 3000km erreichte ich meine Haustür und war glücklich über meine geleistete Strecke.
Ende